Montag, 8. März 2010

Swakopmund - die südlichste Stadt Deutschlands


Morgens um 10 schwingt sich Mathew auf sein rotes Quadbike. Richtung Dünen. Seit 9 Jahren fährt er jeden Tag durch den riesigen Sandkasten bei Swakopmund. Es macht ihm schon lange keinen Spaß mehr. Er ist Tourguide bei Desert Extrem, einem der zahlreichen Adventureunternehmen in dem kleinen Badeort in Namibia.

Seinen Spuren im Sand folgen jeden Tag junge, adrenalinsüchtige Touristen (meistens männlich). Mathew ist einer der dienstältesten Fahrer. „Wir sind insgesamt 10 Guides. Die meisten sind Mitte 20 und lieben es, durch die Dünen zu heizen, bleiben aber nur ein bis zwei Jahre. Dann suchen sie sich etwas anderes“, sagt er und zieht an seiner Zigarette. Diese Fahrfreude vom Anfang verspürt der 40 jährige schon lange nicht mehr. Sein 20 Jahre jüngerer Kollege, Typ mit Designersonnenbrille und Sonnyboy-Lächeln, macht mit seinem Quad Kunststücke, fährt auf dem Hinterrad durch die Dünen. So mancher übermütige Tourist hat hier schon seine Kräfte überschätzt und es mit dem Leben bezahlt. „Letztens erst ein Junge aus Südafrika. Er ist mit seiner Familie gefahren, hat eine Düne unterschätzt und ist gestürzt. Das Quad hat ihm dann das Genick gebrochen“, sagt er, als ob es etwas ganz alltägliches für ihn ist. Er ist ein sehr viel besonnener Fahrer „Für mich ist es nur noch langweilig. Man kennt jede Düne, jeden Strauch. Außerdem bin ich nicht mehr so frei und ungebunden. Ich habe eine Frau und 3 Kinder. Am Monatsende bleibt nie viel Geld übrig. Er verdient pro Monat 1600N$. An guten Tagen organisiert das Unternehmen 10 Touren. Mit durchschnittlich 5 Leuten. Pro Person muss man für eine Tour 600N$ hinlegen. „Unsere Chefs sind nicht fair. Sie nehmen uns und die Touristen aus, “ sagt er und blickt über die Dünen nach Swakopmund.

Diese kleine Stadt mit 34.000 Einwohnern lebt vom Tourismus und von dieser Ausbeute. 1862 kamen hier die ersten deutschen Seefahrer an Land. Sie bauten Schulen, eine Bahnlinie ins Landesinnere, ein Kasino. Osteebadfeeling an der namibischen Küste. Von hier aus wurde die ehemalige Kolonie „Deutsch-Südwestafrika“ versorgt. Nach dem ersten Weltkrieg wurde das Land von Südafrika besetzt. Obwohl nur noch 10% der Bevölkerung deutschstämmig ist, findet man Zeugnisse der deutschen Kultur in Swakopmund an jeder Straßenecke. In großen Buchstaben hängt das Schild „Bäckerei und Konditorei“ über dem Laden der Familie Schmidt in der Poststraße. Das Haus könnte genauso auf Rügen stehen. Für die nächste Tour durch die Wüste können sich die modebewussten Touristen die gerne die Kolonialzeit etwas verlängert hätten bei Hans Lohmeier „Khaki und Safaribekleidung“ in der Bismarckstraße einkleiden. Sogar in den Dünen am Stadtrand findet man Überbleibsel der Deutschen. Mathew hält mit seinem Quad neben einem Berg Knochen. „Das waren die Deutschen“, erklärt er. „Sie haben hier tausende ihrer Pferde umgebracht: Pferdekrankheit.“ Nach über 100 Jahren geben die Dünen dieses Massengrab Stück für Stück frei. Deutschland ist überall präsent. Im Guten wie im Schlechten.

Mathew mag die deutschen Touristen. „Sie befolgen beim Quadfahren die Regeln. Nicht so wie die Italiener und Spanier. Die haben ihre eigenen Regeln und machen was sie wollen,“ erklärt er. Er hofft, dass weiterhin so viele Touristen nach Swakopmund kommen. Egal welche Nationalität. Dann kann er irgendwann seinen eigenen Quadverleih aufmachen. Die Erfahrung hat er. Er würde seine Angestellten fairer bezahlen, sagt er und schwingt sich auf sein Quad. Für ihn geht es wieder Richtung Swakopmund. Die nächsten Touristen durch die Dünen leiten



Mathews Blick schweift über die Dünen von Swakopmund.


Die Knochen von Tausenden von Pferden gibt der Sand langsam frei.


Namibia oder Ostee?